„Der Privateigentümer soll auf keinen Fall in seinen rechten „beschnitten“ werden!“ Das war letzte Woche das gemeinsame Credo von CDU, FDP und AfD im UMBA und im HFA, mit der der Versuch die Baumschutzsatzung wieder einzuführen abgeschmettert wurde.
Klar, wer will schon als Herr/Frau im eigenen Hause gesagt bekommen, ob man einen Baum fällen darf oder nicht? Womöglich könnte man sogar eines Tages gezwungen werden einen Baum in seinen Garten zu pflanzen oder eine Hecke statt Gabionen und Gartenzäune? Wo kommen wir dahin?
Es ist schon erstaunlich wie emotional aufgeladen die Frage nach einer Baumschutzsatzung ist, zumal jeder zumindest hinnimmt, dass es Bauvorschriften für das traute Eigenheim gibt und Abgasnormen für das geliebte Auto. Aber in Zeiten des Klimanotstandes „Einschränkungen“ im Umgang mit der Natur auf eigenem Grund und Boden hinzunehmen kommt nicht in Frage.
Dabei gäbe es wirklich viele gute Argumente für die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung:
Die Fakten
Fest steht, dass der CO2-Gehalt in der Luft 2016 die 400 ppm-Grenze überschritten hat und damit so hoch ist, wie seit 800 000 Jahren nicht mehr und die Erderwärmung massiv voranschreitet.
Das Jahr 2020 dürfte laut der Weltwetterorganisation eines der drei wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen gewesen sein. In Europa steigen die Temperaturen besonders stark.
https://m.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/
Die Argumente
- Bäume wirken mit ihrem Schatten und der Wasserverdunstung wie Klimaanlagen und dienen der Klimaresilienz (Fähigkeit eines Systems, sich an den Klimawandel anzupassen, um mögliche Schäden abzumildern) in den Städten.
- Auf der einen Seite gibt es mittlerweile Förderprogramme zur Verbesserung der Klimaresilenz. Da wird viel Geld ausgegeben, doch gleichzeitig werden im städtischen und privaten Bereich weiter die Bäume gefällt und gestutzt, als ob es die Erderwärmung nicht geben würde.
- Bäume nehmen Kohlendioxid auf, liefern Sauerstoff und filtern Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft. Sie schützen vor Verkehrslärm und sind dadurch gut für die Gesundheit der Menschen. Für die Zunahme an Allergikern sind die Umwelt-/Luftverschmutzungen ursächlich, nicht die Blüten und Bäume.
- Jeder Baum, der gefällt wird, ist ein großer Verlust für das Mikroklima in einer Stadt.
- Bäume sind Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere.
- Durch den großen Flächenfraß, der durch Gewerbe- und Baugebiete entstehen, werden die natürlich belassen Flächen und Bäume immer weiter zurückgedrängt. Ausgleich für gefällte große Bäume zu schaffen, die auch tatsächlich den Verlust ausgleichen ist gar nicht möglich. Für eine gefällte 100-jährige Eiche müssten hundert 10-jährige Eichen gepflanzt werden. (https://www.naturimgarten.at/files/content/4.%20GARTENWISSEN/4.3%20Broschüren%20und%20Infoblätter/4.3.1%20Broschüren/ab%202019%20neue%20CI/Klimabaum2020_V03.pdf)
- Man überlege sich mal, welche Flächen man nur für die im letzten Jahr in Lippstadt gefällten Bäume schaffen müsste.
- Wenn es eine Baumschutzverordnung gibt, können Privatleute sich kostenlos beraten lassen und ein scheinbar kranker Baum könnte mit fachmännischem Rat gerettet werden. Denkbar wären auch Hilfsaktionen der Stadt für Gartenbesitzer mit großen Bäumen (Laubkästen, kostenloser Gesundheitscheck für Bäume, …)
- Grundstückseigentümer*innen und Bevölkerung werden für den Baumschutz sensibilisiert.
- Natürlich kann es Fällaktionen vor der Einführung einer Baumschutzsatzung geben, aber langfristig wird der Baumbestand geschützt. Und Bürger, die Bäume aus diesem Grund fällen, sind in der Regel auch grundsätzlich nicht geneigt größere Bäume in ihrem Garten zu halten.
- Vielfach haben nach Fällaktionen interessierte Bürger*innen ihr Missfallen darüber geäußert, dass nichts für den Schutz privater Bäume getan würde und das Verfassungsprinzip „Eigentum verpflichtet“ (Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz) insoweit leer läuft.
- Frevelhafte Fällungen müssen nicht mehr klaglos hingenommen werden.
- Oft ereignen sich solche Baumfällungen bei Besitzerwechsel der Grundstücke bzw. Häuser.
- Wie bei den Steinvorgärten und Gabionen gibt es „Gartenmoden“ denen große Bäume zum Opfer fallen (Kopfbäume).
Fazit:
Auch wenn viele Menschen über die Wiedereinführung der Baumschutzsatzung schimpfen mögen. Allein aufgrund der Flächen muss eine Baumschutzsatzung fester Bestandteil eines Konzepts zur Erhaltung grüner Innenstadtbereiche sein, das sich positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirken und der Überhitzung versiegelter Flächen in Zeiten der klimatischen Veränderungen entgegenwirken soll.