Offener Brief an den Bürgermeister der Stadt Lippstadt

 

Verschiebung von Ausschuss-Sitzungen in den Februar

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Moritz,

nach dem Artikel am Samstag, 16.1.2021 im »Patriot« über die durch Corona gebremste Kommunalpolitik möchten wir uns als Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ich mich in Funktion als Schulausschussvorsitzender auch schriftlich in die Debatte einbringen.

Zunächst einmal vorweg: die Verschiebung der Januar-Termine in den Februar hielten wir nicht für gut. Dennoch akzeptieren wir aufgrund der aktuellen Corona-Schutzverordnung das Vorgehen, da bisher auch die Alternativtermine zeitnah angesetzt sind.

Anders als im besagten Artikel dargestellt, wurde im interfraktionellen Gespräch die Verwaltung beauftragt, das Tagen der Ausschüsse in Präsens zu ermöglichen.
Nach der Sitzung der Ministerpräsident*innen am 19.01. und ist klar, dass die bisher geltende Corona-Schutzverordnung erneut verlängert wird und der „Lockdown“ mindestens bis zum 14.02. bestehen bleibt. Außerdem wird die Situation im Februar nicht weniger angespannt sein als heute.

Insbesondere in Bezug auf die Entwicklung an den Schulen gibt es eine Menge offene Fragen, über die der Fachausschuss diskutieren müsste, z.B. zum Stand der Rahmenbedingungen für einen digitalen Distanzunterricht, ob und wie die Schulträger die Schulen konstruktiv und kreativ kurzfristig unterstützen können, Lösungen für benachteiligte Schülerinnen und Schüler zu finden, sowie ein Austausch von best-practice-Beispielen, auch von Schulen aus anderen Kommunen.

Die Aufrechterhaltung unserer Aufgaben als Kommunalpolitiker*innen wird zunehmend aufgrund der ständigen Vertagungen seit November eingeschränkt. Rückblickend – ich weiß, dass ist immer leicht gesagt – hätten die Ausschüsse im November unter entsprechenden Schutzbestimmungen viel einfacher stattfinden können als jetzt. Natürlich haben wir als Kommunalpolitiker eine Vorbildfunktion und müssen in Zeiten der Kontaktbeschränkung unsere Treffen verantwortungsvoll durchführen, dennoch muss die Frage der Handlungsfähigkeit sorgfältig abgewogen werden, denn Corona wird uns in den nächsten Monaten weiterhin stark beeinflussen.

Die Frage ist nun, wie es in Anbetracht der Lage konkret und kurzfristig in Lippstadt weitergehen soll. Die Fraktionen tagen inzwischen digital. Andere Gremien arbeiten schon seit dem letzten Jahr mit schriftlichen Umlaufbeschlüssen (z.B. GWL, Sparkassen-Gremien), zum Teil begleitet von Telefon- und Videokonferenzen.

Wir halten es für dringend geboten, die noch nicht konstituierten Gremien zu bilden und die Mitglieder zu vereidigen. Vereidigungen der Sachkundigen Bürger*innen könnten z.B. auch in einer kurzen gesonderten Veranstaltung unter entsprechenden Schutzmaßnahmen oder vielleicht auf dem Rathausplatz unter freiem Himmel stattfinden. Alternativ im Zweifel sogar schriftlich. Wie von der SPD im interfraktionellen Gespräch vorgeschlagen, halten wir die Errichtung eines „Sitzungszimmers“ mit Plexiglaswänden für die Ausschüsse, z.B. dem großen Raum im Cartec, für folgerichtig, um persönliche Sitzungen unter den höchsten Hygienestandards stattfinden zu lassen. Zusätzlich fordern wir, dass alle Vorlagen für die eigentlich geplanten Sitzungen erarbeitet und zum aktuell geplanten Termin in Mandatos zur Verfügung gestellt werden.

Parallel dazu gilt es, Strategien zu entwickeln, die Entscheidungsprozesse unter Corona-Bedingungen auch digital stattfinden zu lassen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass Verwaltung und politische Gremien in digitalen Konferenzen kommunizieren können. Das Land Baden-Württemberg hat gesetzlich geregelt, dass Räte und Ausschüsse in Ausnahmesituationen rechtssicher digital tagen können. Das sollte unserer Ansicht nach von der Stadt Lippstadt auch auf Landesebene eingefordert werden.

Im Zweifel müssen unbürokratische, interfraktionelle, digitale Sitzungen im Rahmen der eigentlichen Ausschussmitglieder und den entsprechenden Verwaltungsmitarbeitern stattfinden, in denen ein intensiver politischer Austausch stattfinden kann, auch wenn die Ergebnisse der Beratungen noch rechtlich legitimiert oder Beschlüsse schriftlich verifiziert werden müssen.

Gern bin ich als Schulausschussvorsitzender bereit, am Erproben digitaler politischer Formate aktiv mitzuwirken, denn es muss weitergehen und es kann nicht sein, dass Themen der Fachausschüsse ohne eine dortige Beratung in überladene Ratssitzungen münden, die dann auch noch im abgespeckten »Pandemie-Rat/HFA« oder per Dringlichkeitsbeschluss entschieden werden.

Zum Schluss betonen wir noch einmal: es geht uns hier nicht um ein »zurück zu irgendeiner früheren Normalität« oder um das Ignorieren einer ernst zu nehmenden pandemischen Lage, sondern um die Aufforderung, gemeinsam und konstruktiv kreative Lösungen zu entwickeln, um auch in der aktuellen Situation handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben – und zwar im Sinne einer transparenten demokratischen Teilhabe aller Gremien.

Mit freundlichen Grüßen
für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Holger Künemund                     Cordula Ungruh
(Schulausschuss-Vorsitzender) (Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)