Haushaltsrede 2020/2021

Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ursula Jasperneite-Bröckelmann

Klimaschutz braucht mehr Tempo

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sommer,
sehr geehrte Frau Erste Beigeordnete und Stadtkämmerin Rodeheger,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

Lippstadt kann mehr Klimaschutz, Lippstadt braucht mehr aktiven Klimaschutz und der Klimaschutz braucht mehr Tempo.

Die Zeit der Überschüsse im städtischen Haushalt ist derzeit zwar vorbei aber trotz Ergebnisplan mit roten Zahlen ist die Liquidität sehr gut und es soll, so der Investitionsplan, kräftig investiert werden. Wobei die Grünen bei allen Entscheidungen und Projekten den Klimanotstand mitdenken wollen.

Die Auswirkungen der Klimakrise sind in Deutschland und Europa immer stärker zu spüren. Lippstadt ist mit 11,4 Grad lt. DWD im regionalen Umfeld sogar die Stadt mit der höchsten Durchschnittstemperatur. Wir wollen handeln, mit einem Haushalt, der die Zukunft im Blick hat. Klimaschutz muss in der Verwaltung einen vorrangigen Stellenwert bekommen und eine feste Stelle für Klimamanagement.

Klimakrise: Investitionen in Klimaschutz sind absolut notwendig

Angesichts der Klimakrise ist bei allen zukünftigen Neubauten und Sanierungen der Stadt ein erhöhter zeitgemäßer und zukunftsfähiger Effizienzstandard zu realisieren, auch wenn am Anfang höhere Investitionskosten aufgebracht werden müssen. Bei der Entwicklung des gesamten Güterbahnhofgeländes wollen wir ökologische und klimatische Aspekte, wie Solardach und Fassadenbegrünung berücksichtigt wissen.

Für das geplante Stadthaus fordern wir einen hoch-energieeffizienten Neubau mit einer Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Wirtschaftlich betrachtet ist ein solcher Standard durch die hohe Energieeinsparung langfristig sogar günstiger als eine herkömmliche Bauweise, denn es wird nur sehr wenig Primärenergie verbraucht.

Die Einhaltung eines solchen Standards kann über den Einsatz verschiedener Techniken – die jeweils miteinander kombiniert werden müssten, um den gewünschten Effekt zu erzielen – erreicht werden. Diese ziehen jeweils verschiedene Kosten nach sich, so dass es lt. Verwaltung noch keine seriöse Antwort zu Mehrkosten im jetzigen Planungsstadium geben kann. Insofern können auch die Grünen die Kosten heute nicht beziffern.

Grundsätzlich wollen wir in Baugebieten einen spürbaren Klimabonus einführen, wenn engagierte Energiestandards und regenerative Energien umgesetzt werden.

Wir freuen uns über die einstimmige Zustimmung zum Bezug von echtem Ökostrom der Stadtwerke, denn dadurch kann die Energiewende beschleunigt und dem Klimawandel entgegengewirkt werden.

Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum kann allein der Wohnungsmarkt nicht regeln, dafür sind auch Strategien der Stadt zusammen mit der Politik und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft erforderlich. Die Grünen wollen zukünftig mehr gefördertem Wohnraum und verbindliche Leitlinien mit einer Quote über das bisherige Maß hinaus.

Positiv sehen wir die Investitionen in Bildung und Betreuung,

u. a. im Kita-Bereich, beginnen doch Bildungschancen bereits dort. Ein ausreichendes Angebot in unserer Stadt, auch für Kinder unter 3 Jahren, ist wichtig und richtig. Von den Grünen unterstützt wird auch der massive Investitionskurs an den Schulen für Renovierungen, Sanierungen, Neubauten und die Digitalisierung.

Wie bereits bei der Haushaltsdebatte 2019 von uns beantragt, wollen wir das Projekt Schülerhaushalt, bei dem Schülerinnen und Schüler über ein Schulbudget mitbestimmen können, wieder aufleben lassen. Hierfür soll jährlich für Schüler/Innen weiterführender Schulen ein Betrag von 10.000,– Euro im Jahr zur Verfügung gestellt werden. Mit diesem Projekt verfolgen wir das Ziel, Kindern und Jugendlichen mehr Möglichkeiten der Gestaltung und Mitbestimmung in ihrem Schulumfeld zu geben und dabei demokratische Prozesse erlebbar zu machen.

Forderungen der Grünen sind zudem:

  • eine zusätzliche Stelle für die Schulsozialarbeit und
  • 20.000,–€ mehr für Verbesserungen beim Familienpass.

Für die Bücherei wollen wir einen deutlichen Impuls setzen, hin zu einem vergrößerten und zeitgemäßen Medienbestand und deshalb den Haushaltsansatz für neue Medien um zusätzlich 20.000,– € pro Jahr aufstocken auf insgesamt 110.500,– €.

Museum und Depot

Die Grünen wollen keine eindimensionale Sicht auf die Lippstädter Stadtgeschichte und keine eindimensionale Museumsentwicklung

Kultur und Ambiente ist für attraktive Innenstädte und Tourismus ein besonders wichtiger Faktor. Umso besser, wenn sich In der ganzen Stadt den Besucherinnen und Besuchern künstlerische, historische oder kulturgeschichtliche Reize präsentieren. Es gibt Städte, wir z. B. Warendorf, da ist die Museumslandschaft vielfältig, z. B. mit dezentralem Stadtmuseum als Zusammenschluss verschiedener Museumsstandorte in der Altstadt.

Die Grünen sind entschieden dagegen, das jetzige Stadtmuseum – das Palais Rose am Marktplatz-  ein bedeutendes kulturelles Denkmal in Lippstadt, mal so nebenbei zu verkaufen. Wir sind entsetzt, wie verschiedene wichtige geschichtliche Orte der Stadt vom Bürgermeister und der CDU gegeneinander ausgespielt werden. Soll eine Museumsentwicklung am Ende gar mit leeren Händen dastehen?

Bei der umfangreichen und vielfältigen Lippstädter Stadtgeschichte und den ebenso umfangreichen wie unterschiedlichen und bedeutenden Sammlungen, von den archäologischen Funden über die bürgerliche Wohnkultur bis zur Industriegeschichte, ist es den Grünen wichtig, nicht nur in eine Richtung zu blicken, zu denken und zu handeln.

Das jetzige Stadtmuseum, ist in zentraler Lage des historischen Stadtkerns mit seinen Stuckdecken und seiner jetzigen Fassadengestaltung eines der am besten erhaltenen Bürgerhäuser des Rokoko in Westfalen und damit ein herausragendes Denkmal der Stadtgeschichte. Leider wird dieses Denkmal seit längerem von der Stadt ziemlich vernachlässigt.

Die Grünen wollen:

  • dass das Museumsdepot in der Hospitalstraße 46a, wie gemeinsam mit dem LWL abgestimmt, sofort umgesetzt wird. Sonst würde die Depot-Institution insgesamt riskiert
  • wir wollen ein klares Bekenntnis des Rates, dass das traditionell und historisch wertvolle Palais Rose am Marktplatz, das jetzige Stadtmuseum, in städtischer Hand bleibt und grundsätzlich in zukünftige Museumsentwicklungen einbezogen wird.  Eine Veräußerung,  wie von Verwaltung und CDU angedacht, lehnen wir strikt ab
  • und wir wollen die notwendigen Instandhaltungsarbeiten und Investitionen zügig voranbringen und im Haushalt berücksichtigen.

Die Beratung von Konzepten

  • für die inhaltliche und bauliche Weiterentwicklung des Museums am Standort Hospitalstraße und
  • für einen Funktionsan- oder Umbau des Gebäudes Rathausstraße 13, welcher den barrierefreien Zugang zum Museum erlaubt und ggf. zusätzliche Ausstellungsräume bietet, sowie die Neugestaltung des Marktplatzes mit Verbesserung der Fuß- und Radwegeverbindung (Achse Helle Halle / Mühlenpfad) soll im Schul- und Kulturausschuss erfolgen.

Wobei für alle Varianten auch die voraussichtlichen Kosten für die erforderliche externe Unterstützung, die Planungs- und Baukosten sowie die bestehenden Fördermöglichkeiten zu ermitteln und darzustellen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Zukunftsentwicklung des Kurortes Bad Waldliesborn ist eine erhebliche, auch finanzielle Herausforderung. Besonders zu benennen ist dabei das Thermalsolebad als zentraler Impulsgeber für den Ort. Leider gibt es über Entwicklungen wenig Transparenz und Entscheidungen sollen offensichtlich auf die Zeit nach der Kommunalwahl verschleppt werden.

Wir wollen die notwendigen Angebote des Kurortes weiterhin erhalten und einer Abwärtsbewegung im touristischen Bereich entgegenwirken. Für erforderliche Zukunftsentwicklungen muss auch die finanzielle Basis der nächsten Jahre gestärkt werden, weshalb an der neuen Fremdenverkehrsabgabe für den Kurort aus Sicht der Grünen kein Weg vorbei geht.

Mit der Neupositionierung und organisatorischen Neuaufstellung des Themas Tourismus bei der KWL wollen wir weiterkommen und die Tourismuswerbung für das gesamte Stadtgebiet intensivieren, vor allem in Bad Waldliesborn.

Wir brauchen einen Einklang von Ökonomie, Umwelt und Klimazielen. 

Klimafreundliche Verkehrsentwicklungsplanung

Um der Klimakrise zu begegnen, müssen Haushaltsmittel eingesetzt werden für den Radverkehr, den ÖPNV und eine andere Mobilität wie dem Erdgasantrieb oder der Elektromobilität. Sonst funktionieren Klimaschutz wie Verkehrswende nicht.

Wir wollen zukünftige Fahrzeugbeschaffungen der  Stadt als Erdgas- oder E-Fahrzeuge.

Und wir wollen den Verkehrsentwicklungsplan „klimafreundliche Mobilität“, mit dem besonderen Schwerpunkt auf Verbesserungen für klimafreundliche Verkehrsmittel; kurzfristig umsetzen. Ausreichende Haushaltsmittel für Modellvorhaben und engagierte Nahmobilitätskonzepte aber fehlen, besonders für den innerstädtischen Radverkehr als besonders wichtigen Baustein.

Wir beantragen,

  • 500.000,– € statt 15.000,–  € für die Verbesserung von Radverkehrssituationen und für die Installation von sichereren Radabstellanlagen
  • 10.000,– € für Bürgerinformationsveranstaltungen zur Mobilität und für Fahrradaktionstage.
  • und wir wollen keine Kürzung des Zuschusses an die RLG lt. Veränderungsblatt. Diese Mittel von rd. 25.351,00 € sollen für eine Verbesserung des Busangebotes genutzt werden.

Die Grünen wollen keine „Dunkle Halle“ mit einer Metall- und Glaspergola, sondern eine Überarbeitung der Planung mit Bäumen und Hecke. Haben doch Bäume an heißen Sommertagen für das Stadtklima eine besondere Bedeutung. Wir beantragen einen Sperrvermerk für diese Investition und eine Neuberatung der Gestaltung im Ausschuss. Die Investitionsmittel über 70.000,– € für eine Metall- und Glaspergola wollen wir kürzen.

Bäume und Grün sind das stärkste Instrument in der Stadtklimatologie und es muss mehr für ein lebendiges Grün und die Vielfalt der Insekten getan werden. Für eine ökologische Verbesserung der innerstädtischen Grünsituation beantragen wir daher 20.000,– € und wir wollen die  Mittel für Wiederaufforstungen um 10.000,– € auf insgesamt 20.000,– € erhöhen. Gemeinsam mit Grünland und Gewässern bildet der Wald das Rückgrat unseres Naturerbes und muss mehr Unterstützung zu erhalten.

Zum Schluss:
Die Grünen sagen nein zu einem Doppelhaushalt

Wir befürchten weniger Einfluss bei den städtischen Finanzen, denn der jährliche Haushalt und die Debatte darüber ist eine Stärke der Demokratie. Die Planungen zum Haushalt 2021 verlieren an Schärfe und Genauigkeit. Mit einem Doppelhaushalt geht mehr Einfluss auf die Verwaltung über, denn der Rat wird weniger benötigt.

Auch kritisieren die Grünen, dass der jetzige Rat dem neuen Rat vorgreift und dessen finanzpolitische Möglichkeiten reduziert.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!