Laut Mitteilung der Neuen Westfälischen aus Bielefeld vom 14. Juli 2017 und der Lippischen Landeszeitung vom 18. Juli richteten die Landräte der Kreise Gütersloh (Sven-Georg Adenauer, CDU), Herford (Jürgen Müller, SPD), des HSK (Dr. Karl Schneider, CDU), Höxter (Friedhelm Spieker, CDU) , Lippe (Dr. Axel Lehmann, SPD) und Soest (Eva Irrgang, CDU) sowie der Oberbürgermeister von Bielefeld (Pit Clausen, SPD) ein Schreiben an den neuen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), um den Flughafen Paderborn-Lippstadt als neuen zentralen Abschiebeflughafen für NRW anzubieten.
Der Landesentwicklungsplan (LEP) vom Dezember 14.12.2016, der seit dem 8. Februar diesen Jahres in Kraft ist, unterscheidet zwischen landesbedeutsamen Flughäfen (Düsseldorf, Köln/Bonn, Münster) und den nur regional bedeutsamen (Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Weeze am Niederrhein). Diese Abstufung traf sofort auf Protest des Flughafens PB/LP. „Die Absicht des Schreibens der Landräte und des OBs – alle sind Vertreter der Gesellschafter des Flughafens – lässt für den OV-Sprecher der Lippstädter Grünen Holger Künemund nur einen Schluss zu: „Sie wollen aus dem Airport wieder einen landesweit bedeutsamen machen, denn bekanntlich gingen die Passierzahlen in 2016 um fast 12% zurück“ (WDR, 23.03.2017).
„Da in der nahegelegenen Abschiebehaftanstalt Stöckerbusch bei Büren zur Zeit bis zu 400 abgewiesene Geflüchtete bis zu ihrer Abschiebung festgesetzt sind, liegt es für die Politiker der Region dem Anschein nach nahe, dem Flughafen auf diese Weise zu mehr Flügen und so auch zu einer größeren Bedeutung zu verhelfen“, weist Heinz Gesterkamp auf einen weiteren wichtigen Grund für das bedenkliche Angebot der Kommunalpolitiker hin.
„Wittert man eine Chance für die Region durch ein Geschäft auf dem Rücken von Geflüchteten?“ fragen die beiden Grünen. Es wird ihrer Meinung nach damit geworben, Abschiebung schneller und leichter möglich zu machen.
„Doch leider geschieht es allzu oft, dass Menschen abgeschoben werden, die hier ein Zuhause gefunden haben oder in ein Land wie Afghanistan abgeschoben werden sollen“, kritisieren sie die Absicht der Kommunalpolitiker scharf.
„Ob es Landräte, Bürgermeister, die Landesregierung selbst oder der Innenminister sind, sie alle müssen sich auch messen lassen an ihrem Umgang mit Flüchtlingen. Asylbewerber zu inhaftieren, etwa unter dem Generalverdacht, untertauchen zu wollen, und sie dann dort viel zu lange auf positive oder negative Bescheide warten zu lassen, steht in krassem Widerspruch zu unserem Grundgesetz“, betonen die Vertreter der Öko-Partei. Im Verfahren erweist sich die Abschiebehaft außerdem oftmals als rechtswidrig.
„Ein Abschiebeflughafen mit ‚angegliederter‘ Abschiebehaftanstalt liegt vielleicht im Interesse einer deutlich rigider gewordenen Asylpolitik, im Sinne von Menschlichkeit und Hilfe für Geflüchtete aber nicht. Eine solche Abschreckungspolitik ist das Letzte, was Menschen, die in Not zu uns kommen, verdienen“, unterstreichen Heinz Gesterkamp und Holger Künemund ihre Kritik.
Die Grünen fordern dagegen eine Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) und bei den Verwaltungsgerichten, um unnötige und belastende Wartezeiten zu vermeiden. Hierbei darf es zu keinem Qualitätsverlust der Beurteilungen und Entscheidungen kommen, wie es im sogenannten „Schnellverfahren“ der Fall ist. Sie setzen sich außerdem für ein generelles Ende von Abschiebungen nach Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea ein, ausgenommen Straftäter, die rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt worden sind, insbesondere Sexualstraftäter. (Auch auf den Balkan sollten die Ausländerbehörden in der kalten Jahreszeit zwischen dem 15. November eines Jahres und dem 15. März des Folgejahres keine Flüchtlinge abschieben.) Eine Rückführung zieht, so meinen die beiden Grünen, in den acht häufigsten Herkunftsländern eine Gefahr für Leib und Leben nach sich.