Protest gegen Abschiebungen nach Afghanistan – eine alleinstehende Mutter mit ihren 5 Kindern aus Lippstadt betroffen

Die Lippstädter Grünen protestieren zusammen mit der Diakonie der Rheinischen und der Westfälischen Landeskirche sowie dem Flüchtlingsrat NRW entschieden gegen Abschiebungen von Kriegsflüchtlingen nach Afghanistan.

„Wir fordern einen dauerhaften Abschiebestopp, denn Afghanistan ist nach wie vor Kriegsland und die Sicherheitslage dort hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert“, erklärt der sozialpolitische Sprecher der Ökopartei, Heinz Gesterkamp.

Jetzt möchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sogar eine alleinstehende Mutter mit 5 Kindern aus Lippstadt in das krisengeschüttelte Land abschieben, wohlwissend, wie katastrophal die Lage besonders für alleinstehende Frauen dort ist. Dieser Fall zeigt sehr deutlich, wie inhuman die Bundesregierung aktuell agiert.

Die Grünen begrüßen, dass sich inzwischen immer mehr Bundesländer, darunter Rheinland-Pfalz, gegen Abschiebungen nach Afghanistan aussprechen. „Dies erwarten wir auch von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Innenmister Ralf Jäger in Düsseldorf“, betont OV-Sprecher Holger Künemund. Leider dränge gerade das Innenministerium NRW besonders stark auf die Rückkehr afghanischer Flüchtlinge in ihr Herkunftsland.

Auch unter den minderjährigen unbegleiteten Asylbewerbern in NRW sind zahlreiche afghanische Jugendliche, die vor Selbstmordattentätern und Autobomben, vor Entführungen und Zwangsrekrutierungen der Taliban oder brutaler Warlords, die den Opiumanbau und den Heroinhandel kontrollieren, geflohen sind.

„Hier kümmert sich das Jugendamt zusammen mit engagierten Trägern der Jugendhilfe und den Lippstädter Schulen intensiv um die psychische Stabilisierung und schulische Bildung der nahezu immer traumatisierten jungen Männer. Sobald diese aber 18 Jahre alt geworden sind, sollen sie jetzt nach Ansicht der Bundesregierung abgeschoben werden. Eine politische und moralische Rücksichtslosigkeit aus Deutsch-Absurdistan,“ finden Gesterkamp und Künemund.

„In der Bevölkerung und besonders in Kirchengemeinden und Wohlfahrtsverbänden ruft diese Vorgehensweise mehr und mehr Unverständnis hervor, wie die Proteste gegen die Rückführungen am Flughafen und vor dem Landtag deutlich machen.

Die Bundesregierung opfere mehr und mehr den Artikel 16 a des Grundgesetzes der Angst vor Stimmenverlusten bei den bevorstehenden Wahlen. Anders sind Abschiebungen in ein Land, in dem den geflüchteten Menschen Mord, Folter und Hunger drohen, nicht zu erklären“, stellen die beiden Grünen fest. Aber nicht die Angst der Wahlkampfstrategen in Berlin und Düsseldorf, sondern allein die Sicherheitslage in Afghanistan darf das ausschlaggebende Kriterium für Rückführungen sein.

„Die aktuellen Lageberichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“, „Human Rights Watch“ und auch der Vereinten Nationen weisen deutlich darauf hin, dass sich die Sicherheitslage nicht einmal in der Hauptstadt Kabul verbessert, sondern 2016 stark verschlechtert hat.“

„Unter den Asylsuchenden herrscht geradezu Panik vor einer Ablehnung ihres Asylantrags,“ berichtet Gesterkamp. Viele fürchteten sich vor den Taliban, für die jeder, der mit dem Westen kooperiere, ein „Gotteslästerer“ sei.

Gesterkamp und Künemund verweisen auf eine Anerkennungsquote von knapp 56 Prozent bei afghanischen Flüchtlingen. „Das widerspricht der derzeitigen forcierten Rückführungspolitik, die wir für einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention halten.“ Die Grünen werden sich bei ihrem großen Koalitionspartner in der Landesregierung weiterhin beharrlich dafür einsetzen, dass humanitäre Aspekte und vorhandene Integrationsleistungen, die für einen Verbleib der afghanischen Flüchtlinge sprechen, unbedingt berücksichtigt werden.“

Im Fall der afghanischen Familie in Lippstadt kämpfen inzwischen engagierte Bürger und Grüne auf juristischem Wege beim Verwaltungsgericht Arnsberg für den Verbleib der Familie in Lippstadt.

Heinz Gesterkamp, Holger Künemund, Nabiha Ghanem