Flüchtlinge willkommen,… aber es muss weitergehen.

„Natürlich sind aktuell zuerst das Bett, die warme Mahlzeit und die medizinische Erstversorgung wichtig, was die Verwaltung permanent vor eine außergewöhnliche Herausforderung stellt, aber gleichzeitig sollten schon jetzt auch die mittel- und langfristigen Aufgaben ernsthaft in den Blick genommen werden“, betont Holger Künemund, denn viele Flüchtlinge aus Syrien, dem Nordirak und Eritrea werden bleiben.

Alle Wirtschaftsfachleute betonen, dass die Folgen der Zuwanderung sehr davon abhängen, welche Anstrengungen die Bundesrepublik bei der Integration macht. „Historisch betrachtet nutzt uns die Zuwanderung. Staaten, die regelmäßig Zuwanderer haben, sind wachstumsstärker“, zitiert Heinz Gesterkamp den Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann.

Zukünftig braucht unser Land Arbeitskräfte. Dabei könnten vor allem die unter 25-Jährigen helfen, den Mangel an Fachkräften zu beheben, der Bedarf in bestimmten Branchen sei groß. Das Problembewusstsein in Betrieben und bei den Gewerkschaften sei längst vorhanden. Entscheidend ist aber die Qualifizierung der Flüchtlinge – eine riesige Aufgabe in den kommenden Jahren.

Voraussetzung dafür sind einerseits weitere Sprachfördermaßnahmen vom zertifizierten Kurs bis in den niederschwelligen Bereich sowie andererseits eine Lockerung der Arbeitsverbote. Anerkannte Asylbewerber bekommen einen Job in den ersten fünfzehn Monaten nur, wenn sich bei der Arbeitsagentur kein Deutscher oder EU-Bürger findet, der die Stelle haben möchte. Es wäre ein Fehler, wenn die Flüchtlinge wie bisher bewusst lange vom Arbeitsmarkt ferngehalten würden, denn der trostlose Alltag der Asylsuchenden, die den Kommunen zugewiesenen worden sind, muss auch in Lippstadt im eigenen Interesse durchbrochen werden.

Bis jetzt war der gesetzliche Auftrag der Ausländerbehörden darauf ausgerichtet, abzuwehren, abzuschrecken und möglichst abzuschieben, was aber oft gar nicht geht, da viele Flüchtlinge keine gültigen Pässe des Herkunftslandes oder Passersatzpapiere haben und sie als Geduldete jahrelang ohne ein berufliches Ziel oder eine Aufgabe die Tage totschlagen müssen und auf Sozialhilfe angewiesen bleiben. „Wir müssen das Tempo erhöhen, indem schon bald nach der Zuweisung der Flüchtlinge mögliche Sprachkenntnisse (auch in Englisch) und vor allem Berufserfahrungen und mögliche Abschlüsse erfasst werden, wofür man sich bei den Behörden bisher kaum interessiert hat. Die Strukturen sind bisher nicht darauf angelegt gewesen, Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu bringen, eher das Gegenteil ist der Fall.“, behauptet H. Gesterkamp und begründet seine Kritik mit dem Hinweis auf die unabdingbaren Sprachkenntnisse, die aber in den vergangenen Jahren völlig unzureichend gefördert worden sind. Dazu trägt leider auch der Umstand bei, dass für diese Kurse auch nicht ausreichend Lehrpersonal vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugelassen ist.

Die größte Aufgabe wird darin bestehen, berufliche Qualifizierung zu ermöglichen, ohne die es auf dem Arbeitsmarkt schwer wird. Ein nicht geringer Teil der Asylbewerber besitzt nach deutschen Maßstäben keine formalen Berufsqualifikationen, wohl aber tatsächliche Berufskenntnisse, etwa im traditionellen Handwerk oder in der Landwirtschaft. Als einen möglichen Schritt schlagen die Grünen vor, dass erfahrene Anbieter wie z.B. die INI oder das Berufskolleg „Stift Cappel“, das ESTA – Bildungswerk oder Haus Düsse Lehrgänge anbieten dürfen, in denen Asylbewerber erste regelmäßige Kontakte mit Mechanik, Metallbau, Holztechnik sowie Altenpflege und der Landwirtschaft bekommen. Wir könnten das große Wissen und die Erfahrungen dieser Einrichtungen in diesen Bereichen in Lippstadt und Umgebung nutzen, um die Flüchtlinge an den Arbeitsmarkt heranzuführen.

Dass die zukünftige Integration von Flüchtlingen kein Routinespaziergang ist und einiges an Anstrengung kosten wird, ist den Grünen klar. Hier sind ein langer Atem, Mut zu neuen Erfahrungen und vielleicht auch unbürokratischere Wege gefragt.

Heinz Gesterkamp, Holger Künemund