Die Zahl der Berufstätigen, die zusätzlich auf Hartz IV angewiesen waren, stieg im Jahr 2010 auf knapp 1,4 Millionen. Dies meldete am 13.5.2011 die Bundesagentur für Arbeit. Im Kreis Soest beläuft sich die Zahl auf 1887 und in Lippstadt auf ca. 475 Personen. Aufstocker, so werden diese Menschen genannt, verdienen trotz Arbeit nicht genug, um ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Besonders viele Betroffene arbeiten in der Zeitarbeit, der Gastronomie und in Dienstleistungsberufen.
„Es kann nicht sein, dass es Unternehmen gibt, die ihren Mitarbeitern bewusst so wenig Lohn zahlen, dass der Staat sie aus Steuermitteln bei ihrem Lebensunterhalt unterstützen müsse. Damit werden diese Unternehmen von allen Steuerzahlern subventioniert. Dieses sittenwidrige Verhalten beschränkt sich damit nicht nur auf einige wenige Mißbrauchsfälle.Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb einer Branche“ meint Cordula Ungruh, wirtschaftspolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Lippstadt und Vorsitzende des Kreisverbandes Soest.
Das Überleben eines Geschäftes kann davon abhängen. Wenn beispielsweise ein Gastwirt seinen Mitarbeitern die 9,50 Euro pro Stunde zahlt, ist er ganz schnell zu teuer für seine Gäste. Der Gastwirt, der nur 5,50 oder 6 Euro zahlt, wird über die Zahlungen der Agentur für Arbeit, also der Steuerzahler, subventioniert. Das ist ein Unding – ganz zu schweigen von den psychologischen Auswirkungen auf die Beschäftigten.
In fast allen anderen Ländern der EU gilt seit langem ein flächendeckender Mindestlohn. Wie können in Deutschland Ökonomen immer noch behaupten, er vernichte Arbeitsplätze? fragt sich Cordula Ungruh. Der Mindestlohn stabilisiert die Wirtschaft, denn durch höhere Kaufkraft und vermehrten Konsum stärken die Menschen die wirtschaftliche Situation der Unternehmen in der Region. Zudem entlastet die geringere Inanspruchnahme der Sozialleistungen heute die Sozialkassen und später die Rentenkassen.