Armut verfestigt sich immer mehr

Die Lippstädter GRÜNEN kritisieren, dass sich die Armut in unserem Land zunehmend verfestigt, dass also diejenigen, die einmal in Armut geraten sind, immer schwerer wieder aus der Armut herauskommen. 

Haben vor einem Jahr in Lippstadt 5.878 Personen Leistungen nach dem SGB II bezogen, sind es jetzt immer noch 5.783. Davon sind 35% Kinder im Alter von 0-18 Jahren und 1032 Menschen zwischen 50 und 65 Jahren alt. Betrug die Anzahl der Alleinerziehenden im Leistungsbezug nach dem SGB II vor knapp 4 Jahren noch 463, sind es aktuell 505. 

Die in diesen Tagen veröffentlichten Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur in Soest lassen manchen schon von „Jobwunder“ oder „Vollbeschäftigung“ träumen. „Doch heute wird vor allem anders gemessen“, erklärt der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Heinz Gesterkamp „ früher gab es kranke Erwerbslose. Wenn heute ein Arbeitssuchender eine schwere Grippe hat, dann führt die Agentur einen weniger in ihrer Statistik, denn er fliegt sofort heraus. Auch die über 58-Jährigen werden nicht mehr mitgezählt, denn sie seien für den Arbeitsmarkt nicht mehr `relevant`. Und das gilt ebenfalls für Saisonkurzarbeiter, Arbeitsunfähige und all diejenigen, die aufgrund privater Umstände –z. B. kein Krippenplatz für das Kind – dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.“ Und seit 2009 werden auch genauso wenig diejenigen von der Arbeitslosenstatistik erfasst, die sich bei der Arbeitssuche an einen privaten Vermittler wenden, und all die Erwerbslosen, die an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme der Bundesagentur teilnehmen. „ Dass sich die Tagespolitik über die neuen Zahlen aus Soest freut, ist verständlich, dennoch ist es irreführend, wirtschaftliche Fehlentwicklungen mit statistischen Tricks zu verschleiern“, betont das Grüne Ratsmitglied Wilhelm Rönnau. 

Aber da gibt es doch zum Glück in den kommenden Wochen die Erhöhung der Hartz IV- Regelsätze, heißt es in Teilen der Öffentlichkeit… Aber Hartz IV wird, so die Lippstädter GRÜNEN, in Bezug auf die Einkommensanrechnung, die Gewährung von Darlehen, die Aufrechnung von behördlichen Ansprüchen weiter verschärft. „ Verschlechtern wird sich die Lebenssituation der Bezieher von Hartz IV auch durch die Streichung des Zuschlags, den es bisher beim Übergang vom Bezug des Arbeitslosengelds zum Bezug von ALG II gab, durch die drastische Kürzung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, durch den Wegfall von Beitragszahlungen der Bundesagentur für Arbeit in die gesetzliche Rentenkasse und die Anrechnung des Elterngeldes auf die Transferleistung“, zählt Heinz Gesterkamp die weiteren Verschlechterungen für die Armen auf. „Die Landesverbände des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche haben ausgerechnet, dass das alles zu jährlichen Kürzungen in Höhe von 4,9 Milliarden Euro im Hartz IV-Bereich führt. „ Die von Armut betroffenen Menschen finanzieren also die sogenannte Erhöhung ihres Existenzminimums um 5,- Euro durch Kürzungen selbst“, stellen die GRÜNEN fest. 

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar des letzten Jahres bekanntlich bestätigt, dass die Hartz IV- Regelsätze für Kinder verfassungswidrig seien. Auch wenn das Karlsruher Gericht nicht die Höhe der Leistungen für die Kinder kritisiert, sondern das Fehlen einer Begründung der Höhe und der Zusammensetzung durch den Gesetzgeber, so lehnen Rönnau und Gesterkamp den Eckregelsatz für die tägliche Ernährung von 2,54 € für Kinder unter 14 Jahren und 3,42 € für die älteren Kinder als entschieden zu gering ab. Wilhelm Rönnau spricht deshalb von Unglaubwürdigkeit oder Heuchelei, wenn Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen davon spricht, die Bekämpfung der Kinderarmut läge ihr besonders am Herzen. Nicht verwunderlich ist für ihn deshalb, dass die Zahl der „Tafeln“ kontinuierlich wächst. 

Mittlerweile gibt es in der Bundesrepublik 860. Ihre Zielgruppe hat sich deutlich verändert: Obdachlose stellen längst eine Minderheit dar, Hauptnutzer sind inzwischen Erwerbslose, Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner. „Dass die EU das vergangene Jahr 2010 zum `Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung` erklärt hatte, haben wir hier gar nicht gemerkt“, stellen die Lippstädter Grünen verwundert fest. W. Rönnau: „In diesen Tagen beginnt das `Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit„, setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass der Sozialstaat nicht ganz verschwindet, damit der Ehrenamtler nicht allein die Armut bekämpft.“ 

Das Problem besteht aber nach Ansicht von Gesterkamp und Rönnau nicht allein in der Höhe der Sozialleistungen, sondern in dem Anwachsen „prekärer Beschäftigung“: wir brauchen endlich eine breite Debatte über die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, sonst bekommen immer mehr Menschen Niedrig- und Armutslöhne und das Existenzminimum könnte dann noch weiter sinken.